Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
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Evaluation des Bereichs Forschung und Entwicklung
im Bundesprogramm Ökologischer Landbau

Einleitung und Zielsetzung

Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) wurde im Jahr 2001 vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (damals BMVEL) nach Vorarbeit einer Projektgruppe aufgelegt, um den ökologischen Landbau in Deutschland zu stärken sowie die Qualität und den Marktanteil ökologisch erzeugter Produkte zu steigern. Das Gesamtprogramm wurde in den Jahren 2003 und 2004 ein erstes Mal evaluiert. Im Jahr 2010 wurde von der BLE eine zweite Evaluierungsrunde gestartet und der FuE-Bereich dabei separat ausgeschrieben. Ziel dieser Evaluation des Bereichs Forschung und Entwicklung war es, die Relevanz der Forschung, ihre Wirksamkeit sowie die Effizienz des Mitteleinsatzes zu überprüfen und zu bewerten.

Methoden

Die Evaluation erarbeitete eine umfassende Datengrundlage: Die BLE-Projektdatenbank wurde ausgewertet, 83 zufällig ausgewählte Projekte wurden durch externe Wissenschaftler und Praktiker bewertet und eine Online-Befragung von 104 Projektleitern durchgeführt. Darüber hinaus wurden Interviews mit 30 Sektorakteuren und mit 12 (teils ehemaligen) Mitarbeitern der Geschäftsstelle und externen Gutachtern geführt. Zudem wurde der Auswahlprozess von Forschungsvorhaben am Beispiel von zwei Bekanntmachungen und allen dazu eingereichten Skizzen analysiert. Im Zentrum stand dabei die Forschungsförderung seit dem Jahr 2005.

Ergebnisse

Den Rahmen für die Evaluierung lieferten eine Analyse der Maßnahmen und Ziele des BÖL sowie ein daraus entwickeltes Wirkungsmodell. Es beschreibt, wie Oberziele, Unterziele und Maßnahmen ineinandergreifen. Zu den Maßnahmen im Forschungsbereich gehören Forschung und Entwicklung in der Produktion und der Verarbeitung/Vermarktung von ökologischen Produkten sowie der Wissenstransfer und flankierende Maßnahmen.

Diverse Wirkungen des BÖL im FuE-Bereich:

Oberziel des BÖL war es, einen größeren und professionelleren Öko-Sektor in Deutschland zu unterstützen, um darüber gesellschaftliche Ziele in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt und Soziales zu erreichen. Zwischen 2000 und 2010 wuchsen die Anzahl der Ökobetriebe um 49 %, die ökologisch bewirtschaftete Fläche um 81 % und der Markt an ökologischen Produkten um 188 %. Diese Entwicklung wurde durch unterschiedliche Aktivitäten und Ergebnisse der Forschungsförderung unterstützt.

In den 10 Jahren zwischen 2001 und 2011 wurden insgesamt 659 FuE-Projekte mit 74,8 Mio. € gefördert, die von 140 Förderempfängern durchgeführt wurden. Die Mittel-verteilung zwischen verschiedenen Arten von Projekten (Primärforschung, Status-Quo Studien, Wissenstransfer) wird als sinnvoll erachtet. Eine hohe Anzahl von Veröffentlichungen in praxisorientierten und begutachteten Zeitschriften, Konferenzen und Workshops entstand aus diesen Projekten.

Zusätzlich zur Primärforschung wurden 14 Mio. € (18 %) in 149 Wissenstransferprojekte investiert. Mit mehr als 1 000 Veranstaltungen und mehreren fachspezifischen Arbeitskreisen für Berater trug das BÖL entscheidend zur Stimulierung des Wissenstransfers an Unternehmen der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche bei.

Die Bedürfnisse und Probleme der Praxis wurden bei der Themenfindung für die Forschung besonders berücksichtigt und die Sektorakteure (z. B. Ökolandbauunternehmen) in außerordentlicher Weise auch in die Projektdurchführung eingebunden. Workshops und Diskussionen zur Themenfindung mit Sektorakteuren und Wissenschaftlern wurden von diesen als sehr positiv wahrgenommen. Zur Verbesserung der technischen und finanziellen Voraussetzungen des Ökolandbau-Sektors trugen z. B. Projekte zu den Themen Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung, Bodenbearbeitung, Tierernährung, Tiergesundheit, Betriebswirtschaft und auch der Wissenstransfer und die Mitwirkung von Praxisakteuren in der Projektdurchführung bei. Nach Meinung der externen Gutachter leistete die Mehrzahl der von ihnen begutachteten Projekte relevante Beiträge zur Lösung von Praxisproblemen.

Programmrelevanz, -strategie und -management:

Die Relevanz der Forschung für die direkten Bedarfe des Sektors ist eine der größten Stärken des Programms. Laut den externen Gutachten hatten 83 % der Projekte hohe Relevanz und Nutzen für die Praxis. Die Interviews zeigten sehr deutlich, dass insbesondere Sektorakteure aus der Landwirtschaft eine wichtige Rolle beim Themenfindungsprozess spielten. Die starke Einbeziehung dieser Gruppen in Verbindung mit der Reaktion der Forschungsgemeinde auf breit definierte Bedarfe in den Bekanntmachungen führte zu einem starken ‘bottom-up’-Einfluss auf die Auswahl konkreter Forschungsaktivitäten.

Der Schwerpunkt der vom BÖL geförderten Primärforschung lag auf dem Bereich Pflanze/Boden mit 46 % der Fördermittel. Dieser hohe Stellenwert des Bereichs Pflanze/Boden bleibt über die 10 Jahre Laufzeit des Programms relativ konstant, obwohl er bereits bei der ersten Evaluierung kritisiert wurde. Die Analysen der Prozesse von Themenfindung und Projektauswahl zeigen, dass vor allem drei Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Forschung spielten: 1. die artikulierten Problemlösungsbedarfe der Nutzer, 2. das Angebot der Forscher und 3. die Gutachtergruppen, welche auf Basis von sehr breiten Bekanntmachungen arbeiteten. Diese Prozesse können als konservativ (oder selbstverstärkend) beschrieben werden.

Ungeachtet dieser suboptimalen strategischen Programmierung waren die einzelnen Projekte überwiegend nützlich und wertvoll. Den befragten Projektleitern zufolge hat die Mehrzahl ihrer Projekte (78 %) einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschung und/oder der Praxis geleistet. Auch die externen Gutachten der zufällig ausgewählten Projekte bestätigen dies.

Ausgehend von einem breiten Innovationsverständnis, nach dem Innovationen primär durch interaktive Prozesse zwischen verschiedenen Akteuren entlang der Innovations- und Wertschöpfungskette entstehen, kommt die Evaluation zu der Einschätzung, dass die geförderten Forschungs- und Transfervorhaben im systemischen Sinne mehrheitlich sehr innovativ sind.

Forschungsleistung und Kommunikation:

Das Programm ist sehr produktiv in Bezug auf Ergebnisse, welche auf Ökolandbaubetriebe abzielen. Die Wissenstransfer-Aktivitäten waren stark auf die direkte Interaktion zwischen Forschern bzw. Vermittlern und den Primärnutzern konzentriert. Es wurden hauptsächlich Medien verwendet, die direkte und temporäre Wirkung hatten. Ein geringeres Augenmerk lag auf projekt- und themenübergreifenden Kommunikationswegen. Eine umfassende Wissens- oder Technologietransferstrategie auf Programmebene ist nicht ersichtlich.

Laut den befragten Projektleitern erbrachte jedes Projekt im Mittel ca. 10 Veröffentlichungen, davon etwa 1,5 begutachtete, und etwa 0,5 Doktoranden pro Projekt. Externe Gutachter der Einzelprojekte haben die wichtige Rolle von Veröffentlichungen in international begutachteten Zeitschriften betont, als eine Möglichkeit, die Forschung zu internationalisieren und dadurch den Fluss von Wissen und Technologie aus und nach Deutschland zu erleichtern.

Insgesamt zeigte die Evaluation, dass die Effizienz des Mitteleinsatzes im Bundesprogramm hoch ist. Die Projektleiter zeigten zudem eine hohe Zufriedenheit mit der BÖL-Geschäftsstelle.

Schlussfolgerungen

Die Evaluierung der vergangenen Programmaktivitäten erlaubte die Ableitung einer Reihe von zukunftsweisenden Empfehlungen. Um die Effektivität des BÖL zu verbessern wurde empfohlen: eine klare Programmstrategie für die Programm- und für die Projektebene zu entwickeln; die strategische Ausrichtung des Programms zu stärken; personelle und strukturelle Forschungskapazitäten aufzubauen; die wissenschaftliche Qualität der Forschung durch die Verbesserung der Projektauswahlverfahren zu sichern; neue Förderoptionen, die längere Versuchszeiträume und größere Stichprobenumfänge zulassen, zu ermöglichen; die Schaffung neuer Förderoptionen für akademische Forschung zu prüfen; eine Wissenstransferstrategie zu entwickeln; die Leistung des Forschungsprogramms systematisch zu erfassen, um eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Programms zu ermöglichen und die Empfehlungen aus den Evaluationen umzusetzen, um darüber die BLE als Forschungsmanagementorganisation zu profilieren.

Den Abschlussbericht finden Sie unter http://orgprints.org/22369/.


Autoren

Ekert, S.[1]; Döring, T.3.; Häring, A.M.[2]; Lampkin, N.[3]; Murphy-Bokern, D.[4]; Otto, K.1;Padel, S.3; Vieweger, A.3

[1] InterVal GmbH, Habersaathstraße 58, 10115 Berlin

[2] Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Friedrich-Ebert-Straße 28, 16225 Eberswalde

[3] Organic Research Centre, Elm Farm (ORC), Hamstead Marshall, Newbury, RG20 0HR, Großbritannien

[4] Dr. Donal Murphy-Bokern, Lindenweg 12, 49393 Lohne